Neuraltherapie

„Neuraltherapie“ bedeutet in wörtlicher Übersetzung Behandlung über das Nervensystem. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die Neuraltherapeuten gegenüber den Ärzten, die die selbständige Zelle und die aus Zellen zusammengesetzten Organe oder die Körpersäfte in den Mittelpunkt ihres Interesse stellen, bewusst ihren Standpunkt und Zielrichtung verändert haben.

Sie sehen weitgehend Krankheit und Heilung zuerst einmal nervlich bedingt und durch das Nervensystem gesteuert. Darum versuchen sie auch, auf die Nervenfunktionen gebundene Lebensvorgänge direkt oder indirekt Einfluss zu nehmen, um so die gestörte innere Harmonie wiederherstellen zu helfen.

Diese Betrachtungsweise mag auf den ersten Blick etwas einseitig erscheinen. Wenn man aber erst einmal den weitreichenden Einfluss der „Lebensnerven“ auf alle unserem Willen nicht unterworfenen Regulierungs- und Selbstheilungs-Mechanismen in Erinnerung ruft, wird einem klar, dass diese Anschauung im wahren Ursprung vieler Krankheiten und nicht erst an ihren Symptomen ansetzt. Die Neuraltherapeuten spritzen Procain oder andere Lokalanästethika an bestimmte Körperpunkte.

Man unterscheidet zwei verschiedene Heilmöglichkeiten:

1. Die SEGMENTTHERAPIE mit direkten Injektionen in den erkrankten Bereich bzw. die entsprechenden Reflexzonen.

2. das AUSSCHALTEN eines außerhalb des Segments befindlichen Störfeldes mit dem Sekundenphänomen.

Procain und andere zur örtlichen Betäubung benutzte Medikamente wirken auch in der Neuraltherapie nicht als Heilmittel. Sie unterstützen lediglich die Selbstheilungskräfte des Organismus, indem sie den normalen, sprich gesunden, Informationsfluss, und so Blockaden beseitigen, wie sie beispielsweise durch Narben entstehen können. Nicht alle Krankheiten sind über das Segment heilbar oder störfeldbedingt. Der Arzt kann nur in den wenigsten Fällen voraussagen, auf welchen Wegen die Krankheit entstanden ist und wie ihr Weg zurück zur Heilung verlaufen wird.

Der Heidelberger Professor Ludwig Heilmeyer sagte einmal auf einem Internisten- Kongress: „Dank der Errungenschaften unserer modernen Medizin sind wir heute in der glücklichen Lage etwa die Hälfte aller Krankheiten zu diagnostizieren und davon die Hälfte heilen zu können!“

Das bedeutet nur 25% Heilungen, denen weitere 25% lediglich beschreibende Wortdiagnosen und ganze 50% Krankheiten gegenüberstehen, deren Rätsel auch für die heutige Medizin mit ihrem reichen Wissen immer noch unlösbar sind. Der Arzt aus Berufung kann mit diesem mageren Ergebnis nicht zufrieden sein. Er wird immer neue Wege suchen, um seinen Patienten noch besser zu helfen, selbst wenn einige dieser Wege noch nicht wissenschaftlich erklärbar sind und aus diesem Grunde nicht auf den Universitäten gelehrt werden können. Vom Patienten aus gesehen ist der Satz: „Wer heilt, hat Recht!“ immer richtig.

Die Praxis zeigt, dass sich ein Versuch mit der Neuraltherapie gerade dann lohnt, wenn alle anderen Maßnahmen versagt haben. Den Kritikern dieser Methode kommt schon allein diese Indikationsbreite sehr verdächtig vor, die Vielzahl von Krankheiten, bei denen sie erfolgreich sein will. Sie sprechen von „Suggestionserfolgen“, weil sie keine andere Erklärung für die Heilung fanden als die Einwirkung über das Bewusstsein, den Glauben des Kranken. Doch das Wesentliche an dieser Therapie ist nicht das Medikament allein, sondern der Ort der Injektion. Grob gesagt: Wir machen damit nur blockierte Weichen wieder frei. Der Organismus selbst ist dann in der Lage sich selbst zu heilen.

Das krankheitsauslösende Störfeld muss in die Zusammenarbeit von Arzt und Patient gesucht und ausgeschaltet werden. Bei etwa 30% aller bisherigen therapieresistenten Erkrankungen ist das der einzig mögliche Weg zu ihrer Heilung. Zur Neuraltherapie im weiteren Sinne, also zu den Methoden, die über das „Neurovegetativum“, das willkürlich und unwillkürlich gelenkte Nervensystem, wirken, zählen wir örtliche Heilanwendungen mechanischer, physikalischer und biologischer Art.

Es gibt auch noch andere Naturheilverfahren, die die automatisch ablaufenden Beziehungen zwischen der Haut und den inneren Organen (Cutiviscerale Reflexwege) mit Hautreizen verschiedener Art nutzen, um einen normalisierenden Einfluss auf gestörte Organen oder Gewebe auszuüben. Dazu gehören Einreibungen mit durchblutungsfördernden Salben, das Ansetzen von Blutegeln oder Schröpfköpfen, das Setzen von Brennkegeln (Moxa-Behandlung) und die Akupunktur. Auch diese 5000 Jahre alte chinesische Erfahrungsheilkunde kennt ja besondere Reaktionspunkte auf der Haut, die wir Neuraltherapeuten zum Teil übernommen haben.

Zu den Neuraltherapien im weiteren Sinne zählen noch die Eigenblutinjektionen, das künstliche Erzeugen von Fieber und die Behandlung mit Kanthariden-Pflaster. Streng genommen ist die Neuraltherapie nach „Huneke“ also nur eine Sonderform der Neuraltherapie. Aber es hat sich eingebürgert, die Therapie mit Procain und andren örtlichen Betäubungsmitteln, die uns die Brüder Huneke lehrten, als die Neuraltherapie zu bezeichnen. Die Huneke-Therapie zählt mit zu den Naturheilverfahren, weil das von ihr verwendete Procain (Novocain) ebenfalls über die vegetativen Reflexwege wirkt und sie regulierend beeinflusst.